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Programm „Die Dinge einmal anders betrachten / Looking at Things Differently“

Programm der Internationalen Konferenz „Die Dinge einmal anders betrachten – Neuer Materialismus in der Archäologie / Looking at Things Differently – New Materialist Approaches in Archaeology“

Gemeinsame Tagung der AG Theorien in der Archäologie (TidA) mit dem Leibniz-Zentrum für Archäologie (LEIZA) in Mainz, dem Exzellenzcluster ROOTS und dem Marburger Centrum für Antike Welt (MCAW) vom 20.-21.03.2025.


Programm – Abstracts durch Ausklappen der Vortragsslots

Donnerstag 20.3.2025, Vortragssaal, LEIZA, Mainz

08:00–09:00 • Registration and Welcome

09:00–09:10 • Alexandra W. Busch (LEIZA) & Martin R. Renger (TidA) • Welcome

09:10–09:30 • Organizers • Introduction

Session: Ontologies of Past Worlds • Chair: Martin R. Renger

09:30–10:00  • Matthias Jung • „Neue Wege der Ontologie“ und ihr möglicher Beitrag zum archäologischen Erkenntnisfortschritt

Das vor einigen Jahren wiedererwachte Interesse an der Ontologie (oder besser: Ontologien im Plural) steht in einem komplexen Wechselverhältnis zu den vielfältigen Positionen innerhalb des Neuen Materialismus. Zu unterscheiden ist dabei zwischen Versuchen der Restitution einer dezidiert philosophischen Ontologie (Harman, Meillassoux, Ferraris) und solchen der Rekonstruktion von Ontologien der Praxis im Sinne kulturspezifischer Seins- und Weltverständnisse. Zwei wichtige Stichwortgeber für eine Neukonzipierung der Ontologie im letztgenannten Sinne sind die Anthropologen Eduardo Viveiros de Castro und Philippe Descola, deren unterschiedliche Reformulierungen der Ontologie grundlegende Gemeinsamkeiten mit dem Neuen Materialismus aufweisen wie etwa die Kritik an Repräsentationalismus, die Betonung „flacher“ und „multinaturalistischer“ Ontologien, das Bemühen um die Herstellung von Symmetrien zwischen theoretischen und praktischen sowie westlichen und indigenen Ontologien, die Ablehnung starrer Dualismen wie Natur/Kultur, Subjekt/Objekt, materiell/immateriell etc. Ich möchte in meinem Beitrag der Frage nachgehen, ob diese Ontologien dabei helfen können, die Weltbilder prähistorischer Gesellschaften zu verstehen, ob also, mit anderen Worten, die archäologischen Quellen eine hinreichende Auflösung bezüglich der ihnen zugrundeliegenden Ontologien gestatten. Diskutiert werden sollen die dabei auftretenden methodischen Herausforderungen anhand von empirischen Beiträgen, die einen solchen Transfer herzustellen versuchen, wie beispielsweise Laurent Oliviers Übertragung einer „analogistischen“ Ontologie auf die Latènekultur.

10:00–10:30 • Sarah Bockmeyer • Places of Transformation AND Places of Remembrance. New Materialist Approaches to Different Burial Forms in the Early Neolithic Funnel Beaker Groups in Northwest Germany (3500 – 3000 BCE)

The early Neolithic Funnel Beaker groups in north-west Germany are not only known for building monumental megalithic burials, but contemporaneously buried some of their deceased in earthen burials of varying shape and form. This has so far been interpreted as a difference in status and wealth, though both types of burials have at times revealed elaborate architectural elements and large numbers of grave goods.

Using new materialist approaches in combination with studies of modes of relational personhood have revealed how the different burial forms served different functions within the transformation and remembrance of the deceased in Funnel Beaker society and furthermore allowed insights into the structure of the world within these groups.

This paper will use examples of my ongoing PhD study to demonstrate how new materialism can help understand how the world of the Funnel Beaker groups differed from our current narratives of the different forms of burial, and to enhance understanding of the roles the materials had in decision making processes in the past.

10:30–11:00 • Coffee Break

Session: Vibrant Matter(s) • Chair: Martin R. Renger

11:00–11:30 • Susan Greaney • Mapping Unequal Power Relations at Monument Complexes in Neolithic Britain

The concept of vibrant matter can apply not just to things, materials and objects, but also to places. Particular landscapes, geological features and traces of past activities can be actants, involved in relations with humans. For Neolithic monument complexes in Britain, I have found it productive to map the detail of these relations over place and time, beginning with a flat ontology that does not give humans primacy and being attendant to non-human actants, including places. These unfolding relations were often asymmetrical or unequal, and in this sense were relations of power, which can give us insights into beliefs and worldviews of Neolithic people. Monument complexes emerge as places where relations of power with other beings or things could be negotiated and worked through. However, to fully embrace post-humanism in New Materialist approaches, there needs to be acknowledgement that humans are differently involved in relations with non-human places, materials and things – and through these, with each other. Facing this challenge will allow us to think more about inequalities, asymmetries and power relations in the past. Three cases studies drawn from Neolithic Britain will illustrate these evolving ideas.

11:30–12:00 • Julia Ziener • Vitalität von Salz. Briquetage als künstlerisches Forschungsinstrument

Während Konzepte des Neuen Materialismus überwiegend theoretisch bleiben, liefert das vorliegende Projekt praktische Ansätze, wie die Vitalität (Bennett 2010)1 von Material im Rahmen einer künstlerischen Forschung ergründet werden kann.

Untersucht wurden zwei Industriestandorte Sachsen-Anhalts, an denen Salz als industrieller Rückstand in umliegende Gewässer geleitet wird. Durch einen interdisziplinären Ansatz wird das Salz in seinen historischen, kulturellen, sozioökonomischen und ökologischen Facetten kontextualisiert und als vitale Entität rekontextualisiert.

Zentrale Rolle trägt hierbei das Salzsiedewerkzeug, die Briquetage, welche die Solesalzgewinnung in der untersuchten Region auf die jungsteinzeitliche Bernburger Kultur (ca. 3100–2560 v. Chr.)2 datiert. Mithilfe von 3D-Scans wurde die 2500 Jahre alte Briquetage digital erfasst und mittels 3D-Keramikdruck reproduziert. Dieses Replikat ermöglicht einen performativen Akt, bei dem das zuvor von der Industrie abgegebene Salz aus den Flüssen extrahiert wird. Die Briquetage wird zu einem am Prozess involvierten Werkzeug, Objekt und Material, stellt somit einen „macro- and microactant“ (Bennett 2010, 23) dar und ist ebenfalls als vitaler Teil der Assemblage maßgeblich an der Wissensgenerierung beteiligt. Dies eröffnet innovative Perspektiven auf das Potenzial von archäologischen Artefakten als aktive Forschungsinstrumente. 

Das Forschungsprojekt verbindet nicht nur historische und zukunftsweisende Technologien, sondern macht die Vitalität des Salzes sichtbar. Die Erkenntnis, dass Material und materielle Praktiken die Entwicklung von Technologien beeinflussen, bildet einen wesentlichen Ansatz für zukünftige Konzepte über Materialität.

  1. Die US-amerikanische Politikwissenschaftlerin und Philosophin Jane Bennett formuliert in ihrem Buch “Vibrant Matter – a Political ecology of things” das Konzept eines vitalen Materialismus, welches die theoretische Basis des vorliegenden Projektes bildet.
  2. Vgl. Museum für Vor- und Frühgeschichte, „Giebichenstein, Sachsen-Anhalt, Deutschland“, in Eisenzeit: Europa ohne Grenzen 1. Jahrtausend v. Chr., Ausstellungskatalog St. Petersburg und Moskau (St. Petersburg, Moskau, Berlin, 2020), 349–50, 349.

12:00–12:30 • Kerstin P. Hofmann, Katja Rösler, Thomas Heide • So beständig wie Stein? Zu römischer Architektur und disiecta membra

As Durable as Stone? On Roman Architecture and disiecta membra

Steine gehören zu den ältesten festen Materialien, die auf der Erde existieren, und sind grundlegender Bestandteil natürlicher, aber auch anthropogen geprägter Landschaften. Heute wird Stein häufig mit Alter, Dauerhaftigkeit, Stabilität und Beständigkeit, mitunter auch Reichtum, Zivilisation und Urbanität assoziiert. Anhand der im Rahmen des Akademielangfristvorhabens „Disiecta Membra“ untersuchten römischen Steinarchitektur wollen wir mit Ansätzen des Neuen Materialismus diese Bedeutungszuschreibungen hinterfragen und zeigen, dass römische Steinarchitektur längst nicht so unveränderbar ist, wie oft angenommen. Vielmehr ist es für die Erforschung und Edition auch sogenannter disiecta membra – verstreuter Bauglieder – von zentralem Interesse, sie nicht als stabile und statische Entitäten, sondern als beständig in Transformation befindlich. Hierfür betrachten wir römische Steinarchitektur in seinen relationalen Bestimmtheiten – dem Auswas, dem Alter, der Größe, dem Gewicht, der Form und Oberflächenfarbe – und in ihren Affordanzen für in der Neuzeit mit dieser konfrontierten Akteuren. Diese existieren nicht unabhängig, sondern sind immer an Wahrnehmungshandeln geknüpft, und bieten Möglichkeiten, unterschiedliche Intra-Aktionen zu untersuchen und Ding-Geschichten als Transformationen von Assemblagen zu erzählen. Neben der Frage, was Stein an Aktionen evoziert, soll auch das Verhältnis zu römischer Steinarchitektur und ihren Baugliedern – Weiternutzung, Aneignung, Zerstörung, (Re-)Konstruktion und Wiederaufbau – beleuchtet werden.

12:30–14:00Lunch

Session: More-than-humans • Chair: Stefan Schreiber

14:00–14:30 • Lukas Kerk • Unkörperliche Körper – Ein postanthropozentrischer Blick auf die Archäologie materiell-diskursiver Erzeugungsknoten

Mit seiner posthumanistischen und postanthropozentrischen Ausrichtung sowie einer Betonung von performativen, flachen und relationalen Ontologien wirft der Neue Materialismus die grundsätzliche Frage auf, inwiefern (post-)moderne Konzeptualisierungen menschlicher Körper insbesondere im archäologischen Zusammenhang noch Bestand haben können. Das Überschreiten von Dualismen und der transversale Charakter neo-materialistischer Denkweisen bietet dabei die Möglichkeit, neue Perspektiven auf die Körper der Vergangenheit zu eröffnen und eine Vielzahl von Fragen zu formulieren: Welche transkorporalen Verflechtungen lassen sich archäologisch nachweisen? Wie wirken das Diskursive und das Materielle bei der Hervorbringung von Körpern zusammen? Welche multiplen Realitäten entstehen durch das Zusammenspiel von Körpern und anderen Dingen im Werden? Welche Praktiken der Grenzziehung sind bei der Assemblage menschlicher, nicht-menschlicher und mehr-als-menschlicher Körper zu beobachten? Insbesondere die archäologisch nachgewiesene dauerhafte Veränderung des Körpers in Form von Tätowierungen, geformten Schädeln, modifizierten Zähnen und weiteren liefert erkenntnisreiche Anhaltspunkte für die Anwendung von Prinzipien des Neuen Materialismus. Im Rahmen des Vortrags sollen am Beispiel archäologisch evidenter permanenter Körpermodifikationen in explorativer Weise Möglichkeiten einer Neubetrachtung menschlicher Körper vor dem Hintergrund neo-materialistischer Sichtweisen dargelegt werden.

14:30–15:00 • Uroš Matić • Eyes, Reed and the Distant Goddess: Ancient Egyptian Faience Kohl Tubes as Intraactive Objects

Ancient Egyptian black eye paint (msdm.t), widely referred to as kohl (from Arabic al-kuḥl), did not serve only a cosmetic function; it was also used as a remedy for eye diseases. Around 1550 BCE, tubes for storing small quantities of kohl were made from reed, wood, ivory, and, more popularly, faience. These tubes were often inscribed with private and royal names and titles and were found in royal and elite private burials, as well as in houses. The size, shape, and decoration of the faience tubes mimicked those of reed tubes. Drawing on New Materialist thinking, I propose that the choice of reed for the original concept and faience for imitations was not accidental—it entangled matter and meaning. In a well-known and celebrated myth, the returning Sun Eye goddess descends from the mountain and emerges from the reed of the marshes of the Nile Valley. She is transformed from enraged (red) to pacified (green), much like an eye treated with kohl. Thus, kohl tubes could have been a type of intraactive objects, ensuring that the effectiveness of kohl emerged from its relationship with the shape, decoration, material, and color of the tubes.

15:00–15:30 • Coffee Break

15:30–16:00 • Shumon T. Hussain • Zoomateriality

Multispecies archaeology is a maturing strand of research, dedicated largely to the complex entanglements of humans and nonhumans diagnosed to be irreducible to mere economic, adaptive, and/or caloric imperatives and ventures. Yet I argue that animal-oriented multispecies archaeologies – or “animal archaeologies” – at present lack proper attention to, or at least a coherent formulation of, the kinds of materialities they belabor. What is required is thus a productive notion of “zoomateriality”, allowing for the problem-oriented analysis of the affordances and potentialities of action and thought relational engagements with animal bodies, body-parts, and ecosystem agencies bring into focus. Clarification of the various dimensions and possibly kinds, perhaps even types, of zoomateriality therefore promises to elucidate what the claim that other animals are active participants of human history may entail (and what not). I explore some of these ideas in relation to Palaeolithic osseous technology and visual art, showcasing that taking more serious notice of the genealogical diversity of the material as well as the distinct materiality of variegated sentient subjects can open up novel empirical, conceptual, and interpretive avenues for archaeological inquiry.

16:00–16:30 • Raphael Berger • Beyond the Critique: Reconstructing the Human in Prehistoric Archaeology from a Posthuman Perspective

Post-humanist thought has de-centred the human and shifted the focus to material things. Actor-Network Theory (ANT), a post-humanist framework, treats all entities – humans and objects alike – as actors within networks. In contrast, the modern understanding of the human emphasizes autonomy and individuality, where humans are seen as free, self-contained ‘individuals’. Archaeologists, however, excavate human remains in the form of skeletons, which are actually ‘dividuals’ made up of 206 parts. Despite these differences, both contemporary and archaeological humans are labelled with the same term, ‘human’, implying equivalence. This paper adopts a post-human perspective, shifting the focus back to ‘humans’, looking at them differently and showing the significant differences between ‘contemporary humans’ and ‘archaeological humans’. In the second, more experimental part, the paper explores how we can deal with ‘humans’ in prehistoric archaeology using Actor-Network Theory.

16:30–17:00 Preview: Archaeological Museum LEIZA • Guide: Henriette Baron

18:00–19:00 • Keynote Ben Jervis • Becoming Urban and Enduring Urbanism in Later Medieval England

Urbanisation is a defining feature of the medieval period of Europe. In this paper I will explore what it meant to be, and to stay, ‘urban’ in later medieval England, drawing on new materialist and post-human ideas to reframe debates about how we define urbanity and to understand urban life as a process of difference making. A particular focus will be the introduction of a concept of endurance to these debates. Informed by Deleuze’s writing on temporality and exhaustion, and drawing on insights from a range of ideas from across the philosophical and social sciences, I will examine the ways in which ‘enduring’ relates to multiple temporalities, power dynamics and the labour of care and framing endurance as a socio-material process important both to the generation and sustenance of urban lives.

19:00 –20:00 • Reception

20:00 • Conference Dinner


Freitag 21.3.2025, Vortragssaal, LEIZA, Mainz

Session: Approaching Assemblages • Chair: Sarah Bockmeyer

09:00–09:30 • Martin R. Renger • Social Assemblages – Nothing Else Matters? Neolithisation in Southwest Asia as a Process of Becoming

During the great transformation to sedentary life in Southwest Asia early settling communities faced various challenges. Communitization or becoming a social settlement collective is one of them. In this becoming of communities, architecture is not only a mirror or an expression of these emerging communities but is a modus of them – in other words, architecture, and in particular early Neolithic monumental architecture, plays a crucial role in the formation of collectivity in these communities. It will be shown that the process of becoming a community initially involves an immaterial-intellectual step, namely in the necessity of asserting and fixing a unity where there is actually no unity, as collectives are heterogeneous, changeable and fluid. And because this imagined unity is counterfactual, it is dependent on systems of meaning and materiality, not least on architectures, artifacts and other forms of materialization such as symbols. In this context, the material dimension plays an integral role in the relational meshwork of human and non-material entities. It frames and is framed at the same time, it shapes and is shaped, it mobilises and is mobilised and is thus an involved – both affecting and affected – part of the process of becoming social assemblages. In this light, the Southwest Asian Neolithisation and early Neolithic can be conceived, understood and analysed as a process of becoming.

09:30–10:00 • Stefan Schreiber • Zusammenleben als Soziale Ökologie: Soziale Gefüge als emergente Effekte des sozialen Weltens

Living Together as Social Ecology: Social Assemblages as Emergent Effects of Social Worlding

Betrachtet man das Zusammenleben vor dem Hintergrund des Neuen Materialismus, ergeben sich deutlich andere Perspektiven. Der Neue Materialismus fokussiert auf Fluidität, Relationalität und Offenheit der Welt, die sich fortschreitend weiter konfiguriert. Dies geschieht durch grenzziehende, intra-aktive Praktiken (Barad), die ich in meinem Vortrag mit dem Prozess des Weltens (Haraway) zusammenbringen möchte. Dieses Welten ist immer zugleich grenzziehend und transversal, semiotisch und materiell. Als emergente Effekte entfalten sich hieraus mehr-oder-weniger-menschliche Akteur*innen, die sich in menschlichen, tierischen, pflanzlichen und dinglichen Instanzen materialisieren. Im wechselseitigen Welten bilden sich daraus komplexe Soziale Gefüge bzw. assemblages (Deleuze & Guattari, DeLanda).

In meinem Vortrag möchte ich Soziale Gefüge als theoretisches Angebot skizzieren, um Modi des Zusammenlebens zu thematisieren, die bisher als Gesellschaft, Gemeinschaft oder auch als Individuen verstanden wurden. Das Zusammenleben als ein „Miteinander-Werden“ Sozialer Gefüge mittels ihres Weltens möchte ich im Anschluss als Soziale Ökologie verstehen. Mein Beitrag soll als erster Schritt für einen integrativen sozialarchäologischen Ansatz dienen, der die Ansätze des Neuen Materialismus auslotet, statt sich auf Strukturanalysen zu beschränken. Dieser soll für die archäologische Forschung fruchtbar gemacht werden.

10:00–10:30 • Alessandra Manzini, Anne Hertzog, Stefano Biagetti • New Materialism in Cross-cultural Ethno-Archaeology: A Reframing of Matter and Agency Applied to Spiritual Landscapes

Drawing on the ongoing SPIRAL project, which aims to develop a cross-cultural study of spiritual landscapes and ‘sacred forest’ management practices, this paper seeks to contribute to the debate by highlighting key challenges identified during the methodological design process at the intersection of cross-cultural studies and new materialist approaches to empirical research. Following Haraway’s invitation to “stay with the troubles,” the paper addresses epistemological issues encountered when working with eHRAF archives. By examining regularities and behavioral patterns through quantitative methods, cross-cultural studies challenge the particularistic interpretations often employed by archaeologists. These studies seek to build a general model based on common patterns identified in ethnographically studied societies across various geographical contexts available in eHRAF. This paper operates at the intersection of quantitative ethnoarchaeological big data analysis and qualitative fieldwork methods, aiming for internal consistency in the research design.

Sacred forests, often considered merely cultural symbols or ecological spaces, are reinterpreted through the lens of new materialism as vibrant, active agents in human-nonhuman interactions, shaped by diverse cosmologies and spiritual practices. The term “sacred,” as referenced in the eHRAF literature, is particularly problematic due to its dualistic semantic connotations, which risks oversimplifying the complex relationships between humans and nonhuman entities. A multi-species approach and performative fieldwork will be applied to the study of forest management in selected case studies based on the premise that humans are part of a broader community of beings, which includes not only plants and animals but also ecological elements. This perspective challenges anthropocentric views of forest management by emphasizing the agency of nonhuman actors. Such a reframing raises new questions about the agency of things and the evolving entanglements between humans, nonhumans, and the material world, both in past and present landscapes.

Key questions that emerge from this transformative approach include: can past ethnographic records be reinterpreted through the lens of new materialism? How can we address anthropocentric biases in existing interpretations? What are the main differences and similarities between traditional material culture studies and those based on new materialism? And, how might the interpretation of sacred forest management practices and spiritual landscapes evolve through this new perspective?

10:30–11:00 • Coffee Break

11:00–11:30 • Sabine Neumann • Mehr als Kunst – Neomaterialistische Perspektiven für die Klassische Archäologie

Der Begriff der Kunst spielt in der Klassischen Archäologie nach wie vor eine wichtige Rolle im Selbstverständnis des Faches. Begründet in der kunsttheoretischen Debatte des 18. Jahrhunderts, in der die Eigensphäre der Kunst als eine allen äußeren Zwecken enthobene deklariert wurde, hat er sich im Lauf der Zeit innerhalb des Faches mehrfach gewandelt und Eingang in Theorieverständnis und Methodik gefunden. Im Rahmen dieses Vortrags wird gefragt, wie das durch den neuen Materialismus angeregte, veränderte Dingverständnis die klassisch-archäologische Forschung und ihren Kunstbegriff beeinflussen kann. Posthumanistische, neomaterialistische Perspektiven bieten die Möglichkeit einer offeneren, dynamischen Interpretation, die nicht auf menschliche Akteur*innen allein festgelegt ist. Ferner stellen sie traditionell westliche Denkweisen und Dichotomien in Frage, indem sie neue Formen des Zusammenlebens der Menschen in ihrer Umwelt und mit den sie umgebenden Dingen ausloten. In Hinblick auf die antike Kunst soll daher untersucht werden, inwieweit ein Kunstwerk nicht mehr durch innere ästhetische Eigenschaften, Authentizität oder die Person des Künstlers definiert, sondern durch Relationen mit seiner Umwelt hervorgebracht werden kann.

11:30–12:00 • Martin Nadarzinski • Die Museumssammlung zwischen Ruine und Assemblage. Neuer Materialismus und (post-)koloniale Provenienzforschung

Die Frage nach der Herkunft der Dinge in ethnographischen Sammlungen hat seit mehreren Jahren Konjunktur. Hierbei steht die Frage im Raum, wie mit dem kolonialen Erbe in deutschsprachigen Museen umzugehen ist, welches sich auch über die ehemaligen „völkerkundlichen“ Beständen hinaus in anderen Sammlungsinstitutionen finden lässt. 

Mit diesem Hintergrund beschäftigt sich der geplante Vortrag mit den theoretischen Besonderheiten der Untersuchung des kolonialen Erbes in ethnographischen Museumsammlungen. Innerhalb dieses Feldes liegt der Fokus oftmals auf einzelne Objekte oder gleichartige Konvolute. Demgegenüber stehen theoretische Ansätze, die die Museumsammlung als Netzwerk zwischen Menschen, Ding und Praxis versteht und analysiert, welche im Fokus des Vortrages stehen.

Um diese theoretischen Besonderheiten zu beschreiben, wird die Geschichte der ethnographischen Sammlung des Badischen Landesmuseums als deskriptiver Rahmen herangezogen. 

Diese Sammlung, begründet als Teil der großherzoglichen vereinigten Sammlung für Altertums- und Völkerkunde und 1919 in das neu gegründete Badische Landesmuseum übergegangen firmiert heute noch in Überresten in der Sammlung „außereuropäische Kulturen“ bzw. „WeltKultur/GlobalCulture“ in Karlsruhe. 

Die Besonderheiten dieser Transformationsprozesse stellen den Rahmen da, indem Auswirkungen der theoretischen Perspektive des neuen Materialismus auf das Phänomen der Museumssammlung untersucht und vorgestellt werden.

12:00–13:30Lunch

Session: (Dis)Entangling Objects and Categories • Chair: Sabine Neumann

13:30–14:00 • Merlijn Veltman • (Dis-)Assembling Typologies? Revisiting the “Dolphin-Amphora Earrings” from Funerary Contexts

The “dolphin-amphora earrings”, found in funerary contexts in Bactria (Central Asia) from 200 BCE – 100 CE, have traditionally been considered through cultural and processual lenses. They have become part of an archaeological typology, in which they are grouped together on the basis of their morphological features (i.e. an amphora-like body with dolphin handles). This has had major repercussions for their interpretation in funerary contexts. Invariably, the earrings are placed into representational categories: “Greek” or “elite”. The burials they are found in are interpreted through similar frameworks. However, typologies are only one part of the assemblage that is each distinct “dolphin-amphora earring”. Crucial differences in the form of each dolphin-amphora earring point towards diachronic relations pervading their assemblages.

This paper addresses the problematic nature of the restrictive typology imprinted upon these earrings. Using assemblage thought as a theoretical framework, this contribution will revisit the earrings as assemblages, laying bare the multiple-object that is the “dolphin-amphora earring”. From this perspective, novel, diachronic interpretations of the earrings as more-than-representative and more-than-typological emerge that provide invaluable knowledge of the earrings’ funerary context and Bactria as a whole in 200 BCE – 100 CE.

14:00–14:30 • Matthias Grawehr • My Precious, or, The Power of Beloved Things

The world of people and the world of things are bound by reciprocal forces. People affect things, but things also affect people.

In my presentation, I will address two objects that once held special meaning to individuals. It is well understood that people can imbue things with sentimental value; objects can connect humans with distant pasts, people, or places, opening up worlds of memories. Emotional bonds are thus an important dimension of human-thing relationships. Fortunately, there are often indications of past emotional connections. Through inscribing, continuous use, patching and above all, curation, humans take possession of things and make these emotional attachments intellegible to posterity. Conversely, beloved objects can also impact human lives. In my presentation, I will detail two Athenian vases were once given as gifts, as revealed by incised inscriptions. These objects have also been curated and were presumably cherished. Their respective decorations convey stereotypical concepts of the life of a young Athenian woman, challenging the recipient to emulate this vision of an ideal biography.

14:30–15:00 • Monika Zöller-Engelhardt • Of Categories and Concepts – New Approaches to ‘Small Finds’ from Ancient Egypt

So-called ’small finds‘ are an intrinsically interesting category of archaeological objects: the term usually covers small objects such as scarabs, figurines or tools – but reaches its limits with object types such as pottery and parts of pottery, small fragments of larger objects, reused items, micro debris or unworked objects that have evidently been used by humans. Researchers in the field of Ancient Studies make many prior assumptions about the ‘small finds’ found in excavations and museums, and have so far attempted to typologise them according to traditional classifications such as location, material or form, and to assign a basic function to each of them, often mixing formal criteria and interpretation. This approach is clearly inadequate. It leads to subjective, etic and ultimately biased classifications that obstruct our view of connections and functional interdependencies of ‘small finds’.

The presentation will first explore the scientific history of the classification of ‘small finds’ and will then propose a new definition. Taking the category of ancient Egyptian wooden funerary models as an example, focusing on figures and model tools, traditional Egyptological approaches to establishing classifications will be deconstructed to develop alternative concepts, drawing on the autological and heterological dimensions of “figures of aesthetic reflection” (Gerok-Reiter/Robert 2022), but extending the notions to include considerations of affordance and New Materialism. This change of perspective aims to break down the categorisation patterns imposed by modern research and to gain new insights into the functional diversity of these objects.

14:30–15:00 • Final Discussion

15:00 • Optional Excursion • Isis and Magna Mater Sanctuary


Venue
Leibniz-Zentrum für Archäologie
Ludwig-Lindenschmit-Forum 1
55116 Mainz
Germany

Organization
Sarah Bockmeyer (EXC ROOTS, Kiel)
Sabine Neumann (MCAW, Marburg)
Stefan Schreiber (LEIZA, Mainz)

Registration
service@leiza.de until 10th March 2025

Contact
If you have questions or comments?
E-mail: stefan.schreiber[ät]leiza.de

CfP „Materielle Perspektiven zu Alter & Altern in der Archäologie“

Call for Papers zur Sitzung der AG Theorien in der Archäologie (TidA) auf der Tagung des West- und Süddeutschen Verbandes für Altertumsforschung (WSVA) und des Mittel- und Ostdeutschen Verbandes für Altertumsforschung (MOVA) vom 25.–28. September 2023 in Tübingen zum Thema:

„Materielle Perspektiven zu Alter & Altern in der Archäologie. Soziale & somatische Beziehungen zwischen Menschen & Dingen“

[Download des CfP]

Altern und Altwerden können als grundlegende Herausforderungen der Vergangenheit, Gegenwart und auch Zukunft verstanden werden. Während das Thema Kindheit in der aktuellen archäologischen Forschung mittlerweile präsent erscheint, werden Fragen zu anderen Lebensphasen, insbesondere des Alters, Altwerdens sowie -seins und -bleibens immer noch sehr selten thematisiert. Trotz bioarchäologischer, anthropologischer und sozialarchäologischer Fundierungen der Archäologie fehlen speziell theoretische Ansätze zu diesem Themengebiet.

Unsere Sektion widmet sich daher theoretischen Aspekten des Alters und Alterns, ohne dabei ausschließlich auf Alter als biologische oder soziale Kategorie abzuzielen. Wir wollen gängige vereinfachende Stereotype wie Alter = Weisheit, = Gebrechlichkeit, = Macht, = Prestige/Wert usw. aufbrechen. Stattdessen möchten wir sowohl die Trennung als auch die Kategorisierung von biologischen oder natürlichen und sozialen oder kulturellen Prozessen grundsätzlich in Frage stellen. Ausgangspunkt ist die Erkenntnis, dass sich Materie, Körper und Praktiken in einem ständigen Prozess verflechten und transformieren. Daher verstehen wir Älterwerden und Altwerden als vielschichtige Veränderungen des Lebens, die nur in wechselseitigen und vernetzten sozialen, psychischen und somatischen Beziehungen zwischen Menschen und Dingen wirksam werden. Diese können z. B. die Tabuisierung oder Betonung des Altwerdens, die Ausprägung und Institutionalisierung von Sorgebeziehungen oder die Etablierung von Übergangsriten umfassen. Wir möchten mit dieser Sektion Ansätze beleuchten, um dieses Themenfeld zu erforschen. Ziel ist es, Alter und Altern zu konzeptualisieren und zu historisieren.

Dazu möchten wir einladen, theoretische und fallbeispielbezogene Beiträge einzureichen und beizusteuern. Anknüpfungspunkte können z. B. sein:

Ansätze zur Nichtlinearität des Alterns
֎ Fragen zur Materialität des Alters und Alterns
֎ Archäologische Perspektiven auf Kindheit und Elternschaft in Bezug auf das Altern
֎ Fragen zu materiell-diskursiven Praktiken des Altwerdens
֎ Biografisch-materielle /Life-Course-Ansätze
֎ Fragen zu Übergängen, Brüchen und Transformationen von Lebenswegen
֎ Methodologische Annäherung an Erfahrungen des Alt- und Älterwerdens
֎ Materielle und körperliche Konstellationen, die den Prozess des Alterns konfigurieren
֎ Fragen zu Geschlechtern und Diversity in Bezug zum Älterwerden

Wir würden diese Debatte gerne gemeinsam führen und freuen uns über deutsch- oder englischsprachige Beiträge. Wir laden Wissenschaftler*innen ein, die sich auf verschiedenen Ebenen mit Alter und Altern beschäftigen. Besonders willkommen sind auch Beiträge von Jungwissenschaftler*innen. An die Vorträge von 20 Minuten Länge soll jeweils eine 10-minütige Diskussion anschließen. Unsere Session findet eintägig auf der WSVA-Tagung in Tübingen (25.–28.9.2023) statt. Der genaue Sitzungstag wird noch bekanntgegeben.


Bei Interesse bitten wir bis zum 31.05.2023 um einen Abstract mit Vortragstitel (ca. 250 Wörter) und Kurzbiographie an: tuebingen[at]agtida.de. Die Tagungsanmeldung und Entrichtung der Tagungsgebühr erfolgt eigenverantwortlich. Eine Aufwandsentschädigung zur anteiligen Deckung von Reise-, Tagungs- und Übernachtungskosten kann in begründeten Fällen auf vorher genehmigten Antrag gezahlt werden. Wir bitten diesen möglichst bereits zusammen mit dem Abstract einzureichen.


Wir freuen uns auf spannende Beiträge!
Organisation: Stefan Schreiber, Martin Renger, Tina Beck

Online-Tagung „KATEGORIENBILDUNG UND DANN? KOMPLEXITÄT, WIDERSPRÜCHLICHKEIT UND VIELFALT ARCHÄOLOGISCH BEGREIFEN“

Gemeinsam mit der AG Geschlechterforschung wird die AG Tida am 5.–6.4.2022 zu „Kategorienbildung und dann? Komplexität, Widersprüchlichkeit und Vielfalt archäologisch begreifen“  digital via ZOOM tagen. Nach Verschiebungen der Altertumsverbandstagungen aufgrund von Corona hat sich die Tagungsorganisation entschieden, eine unabhängige Online-Tagung durchzuführen. Bis zum 31.3.2022 wird dafür um Rückmeldung der Teilnahme unter Kategorienbildung2022@gmx.net gebeten. Die Teilnahme ist kostenlos. Organisiert wird die Tagung von Hanna Jegge, Jana Esther Fries und Sophie-Marie Rotermund.

Den Flyer mit dem Einladungstext findet Ihr hier:

Die Abstracts könnt ihr im Abstract-Heft einsehen und herunterladen:

Publikation „Theorizing Resilience & Vulnerability in Ancient Studies“ (Travas) ist online

Die Publikation unseres, gemeinsam mit der Swiss TAG, sowie dem RGZM, den Unis Bern, Freiburg und Mainz organisierten, Workshops „Theorizing Resilience & Vulnerability in Ancient Studies“ (TRAVAS) ist nun online gegangen. In loser Folge werden wir Videos, Essays und schriftliche Interviews veröffentlichen, die während oder in Folge des Workshops entstanden sind. Herausgegeben wird sie als zitierfähiger Blog, bei dem die einzelnen Beiträge durch ein DOI-Repositorium verstetigt sind, durch Martin Hinz, Martin Renger, Stefan Schreiber und Caroline Heitz.

Die Publikationen findet ihr unter http://resilience2020.archaeological.science/