Bologna sei Dank! Oder sollte man besser fragen: Brauchten wir Bologna, damit es endlich mehr Einführungen in die Ur- und frühgeschichtliche bzw. Prähistorische Archäologie gibt? Nach Martin Trachsels Ur- und Frühgeschichte: Quellen, Methoden, Ziele (Zürich 2008), das leider unter einem Mangel an Literaturhinweisen leidet, und Basiswissen Archäologie. Theorien, Methoden, Praxis von Colin Renfrew und Paul Bahn (Darmstadt 2009), das aus der Sicht angloamerikanischer Forschungstradition geschrieben ist, haben nun Manfred K.H. Eggert und Stefanie Samida „Ur- und frühgeschichtliche Archäologie“ vorgelegt. Ihre Einführung fußt im Wesentlichen auf zwei älteren Werken Eggerts: Prähistorische Archäologie. Konzepte und Methoden (2001/2008³) und Archäologie. Grundzüge einer Historischen Kulturwissenschaft (2006) und stellt trotzdem etwas Neues dar. Übernommen wurden – wie sollte es auch anders sein – die Erläuterung wichtiger Methoden und Konzepte wie Klassifikation, Datierungsmethoden und Kulturbegriff, allerdings stark gekürzt und weitgehend entschlackt um ihre forschungsgeschichtliche Herleitung sowie die Verortung der Ur- und Frühgeschichte als Geistes- bzw. Kulturwissenschaft. Grundlegend neu gegenüber den älteren Publikationen ist der Ansatz die inhaltliche Vielfalt des Faches anhand ausgewählter Fallstudien aufzuzeigen.
Knut Petzold, Soziologische Theorien in der Archäologie.
Konzepte, Probleme und Möglichkeiten (Saarbrücken 2007)
von Martin Hinz
Archäologie ist als empirische Materialwissenschaft immer an den Einzelfall, das Besondere in der Hinterlassenschaft menschlicher Gesellschaften gebunden. Schließlich stellt jeder Fund, jeder Befund das Resultat einer einmaligen, individuellen Handlung dar. Gleichzeitig zielt ihr Interesse jedoch – als historische Wissenschaft – auch auf ein größeres Bild der Entwicklung von Gesellschaften ab. Somit steht sie explizit als Fach in dem Zwiespalt von Mikro- und Makrostrukturen. Wir beobachten den Einzelfall und versuchen, daraus das Allgemeine zu schlussfolgern. Um in diesen Zwiespalt zu geraten, ist es nicht einmal nötig, sich mit weitergehenden theoretischen Überlegungen zu beschäftigen. Bereits im traditionellen, alltäglichen Handwerkszeug tritt dieser Zwiespalt zu Tage: Eine Chronologie sollte über einen größeren räumlichen Bereich gelten, bezieht seine Informationen jedoch aus einzelnen Gräbern und Befundsituationen. Verbreitungskarten sollten die Verbreitung von wie auch immer gearteter materieller Kultur widergeben, dabei stellt jedoch jeder Punkt auf der Karte einen individuellen Einzelfall, eine einmalige Zusammenstellung von Funden und anderen Gegebenheiten dar.
Jana Esther Fries / Ulrike Rambuscheck / Gisela Schulte-Dornberg (Hrsg.), Science oder Fiction? Geschlechterrollen in archäologischen Lebensbildern. Bericht der 2. Sitzung der AG Geschlechterforschung während des 5. Deutschen Archäologen-Kongresses in Frankfurt (Oder) 2005. Frauen – Forschung – Archäologie 7. Waxmann: Münster u. a. 2007. ISBN 978-3-8309-1749-6. 235 S.
von Nils Müller-Scheeßel
Das zu besprechende Buch entstand aus der zweiten Sitzung der AG Geschlechterforschung, die im Rahmen des 5. Deutschen Archäologen-Kongress in Frankfurt / Oder abgehalten wurde und unter dem Titel »Lebensbilder – Phantombilder« stand. Es enthält zehn Beiträge, von denen zwei für den Band neu hinzugenommen wurden. Jedem Beitrag ist jeweils eine kurze deutsche und englische Zusammenfassung vorangestellt.
Das Buch ist in fünf Abschnitte gegliedert – »Lebensbilder – Science oder Fiction. Eine Einführung«, »Lebensbilder in wissenschaftlichen Publikationen«, »Lebensbilder in populärwissenschaftlichen Darstellungen«, »Lebensbilder in populären Medien« und »Lebensbild einer Archäologin« –, die bis auf den letzten jeweils zwei bis drei Beiträge umfassen. Bis auf den biographischen Beitrag handelt es sich durchweg um Beiträge von Autorinnen.