Workshop ‚Kollektive Identitäten. Unmöglichkeit – Notwendigkeit – Pluralität‘ mit Heike Delitz in Freiburg am 05.07.2019

„Kollektive identitäten“
… auch ein Thema für die kritische archäologische Forschung?
Die Vorderasiatische Archäologie in Freiburg veranstaltet gemeinsam mit Heike Delitz (Soziologie, Otto-Friedrich-Universität Bamberg) einen 1-tägigen Workshop zum Thema ‚Kollektive Identitäten‘. Diese, so die Kurzdarstellung unseres Gastes und der Ko-Veranstalterin, „sind nicht nur ein aktuelles gesellschaftliches Thema – sondern auch ein grundlegendes sozial- und kulturwissenschaftliches Konzept: Was ist und wie entsteht ein ‚Kollektiv‘ oder eine ‚Gesellschaft‘ und wie hängen individuelle und kollektive Identität zusammen?“
Wie archäologische und soziologische Forschung das Phänomen ‚Identität/en‘ gemeinsam erforschen können, soll anhand des neu erschienenen Buches von Heike Delitz und ausgewählter Podcasts archäologischer Vorträge mit externen wie Freiburger Interessierten diskutiert und reflektiert werden.

Anmeldungen sind willkommen und noch bis 30.05.2019 möglich.

Teilnahmeanfragen und weitere Informationen unter marlies.heinz[at]orient.uni-freiburg.de oder hier

Lesetipps – die dritte Runde

Liebe Mitglieder der AG TidA,
hier die dritte Runde der TidA-Lesetipps, von März und April 2019. Da der Vorrat aufgebraucht ist, möchte ich euch wieder auffordern, Empfehlungen einzureichen! Bücher und Texte die euch geprägt haben, die ihr für wichtig haltet, Texte, die dringend mehr Aufmerksamkeit bräuchten oder andere, die man dringend kritisch diskutieren müsste – nur her damit!
Formalia:
– Titel des Texts und ggf. Link bei open access
– 3-5 Stichpunkte, die den Text charakterisieren (“kritische Auseiandersetzung mit dem Kulturbegriff der Frühmittelalterarchäologie”, etc.)
– 3 Schlagworte (“Klassiker”, “Interdisziplinarität”, “Grabungstechnik”, etc.)
– an folgende Mailadresse: Alexander.Veling@gmx.de
Frühlingshafte Grüße aus Berlin,
Alexander Veling
(Neuer) Vorsitzender der AG TidA

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Lesetipps Dezember bis Februar

Die zweite Runde der Lesetipps ist durch, wieder mit einem vielseitigen Programm von bis J. Butler bis Jacob-Friesen. Da der Vorrat aktuell aufgebraucht ist, möchten wir euch wieder auffordern, Lesetipps einzureichen – viele haben sich ja schon beteiligt.

Formalia:

– Titel des Texts und ggf. Link bei open access- 3-5 Stichpunkte, die den Text charakterisieren („kritische Auseiandersetzung mit dem Kulturbegriff der Frühmittelalterarchäologie“, etc.)
– 3 Schlagworte („Klassiker“, „Interdisziplinarität“, „Grabungstechnik“, etc.)
– an folgende Mailadresse: Alexander.Veling@gmx.de

Viel Spass beim Lesen, vielen Dank für die Lesetipps und eine schöne Frühlingswoche!

Call for Articles ‚Theoriesammelband‘

Theorie | Archäologie | Reflexion.
Kontroversen und Ansätze im
deutschsprachigen Diskurs

 

Ein Verzicht auf explizite Theorie [kommt] einem Verzicht auf Wissenschaftlichkeit gleich – er führt uns also geradewegs in den Bereich der Ideologie“ (Veit 2002, 40).

Mit diesem prägnanten Satz formulierte Ulrich Veit bereits vor 17 Jahren den Anspruch theoretischer Reflexion. Zum Charakter der Archäologien gehört, dass diese aufgrund ihrer Fachentwicklungen und Quellenlagen bisher kaum eigene Theorien hervorbrachten. Dennoch oder gerade deshalb hat sich derTheoriediskurs der deutschsprachigen Archäologien zu einem komplexen Feld entwickelt.

Zunächst wurde in den deutschsprachigen Archäologien vor allem die anglophone Diskussion reflektiert (Wolfram 1986; Bernbeck 1997; Eggert & Veit 1998). Seit den 1990er Jahren kam es parallel vermehrt auch zur Auseinandersetzung mit theoretischen Ansätzen vor allem aus den Kultur- und Sozialwissenschaften. Da sich der akademische Diskurs stetig weiterentwickelt, waren und sind zahlreiche Differenzierungen und Kontroversen die Folge. So entstand das Bedürfnis, diese Komplexität einzufangen und wieder (be)greifbar werden zu lassen (Eggert & Veit 2013; zuletzt Hofmann & Stockhammer 2017; Veit 2018).

Diese Pluralisierung erfuhr durch verschiedene strukturelle Gegebenheiten Aufwind. Archäologische Forschung findet mittlerweile verstärkt auch in interdisziplinären Verbünden statt. Ebenso verändern neue Studienformate, -gänge sowie Graduiertenschulen und -kollegs die Grenzen und zunehmend das Selbstverständnis der Archäologien. Gleiches gilt für die Digitalisierung als Dienstleistung für Public und Citizen Sciences.

Auch wenn all diese Faktoren durchaus zur Auffächerung der Theorie- und Fachdiskurse beigetragen haben dürften, sollten sie beständig kritisch reflektiert werden. Gleichzeitig ist die gesellschaftliche Rückwirkung auf die Wissenschaft spürbar; sei es in sich verändernden Fragen an die Vergangenheit, im Einfluss ethischer Überlegungen auf die Forschungspraxis, ob im Feld oder bei der Analyse, sowie in der Plausibilisierung von Forschungsideen, -konzepten, und -ansätzen.

Dieser Diversität, die den archäologischen Theoriediskurs heute prägt und sich unter anderem zunehmend auch in universitären (Abschluss-)Arbeiten zeigt, wollen wir mit einem Sammelband einen Raum geben. Welche Themenfelder werden derzeit erschlossen, welche Ansätze erweisen sich als fruchtbar und lebendig, ohne bisher den Eingang in eine zusammenfassende und übergreifende
Auseinandersetzung gefunden zu haben? Wo können die Archäologien eigene Blickwinkel zu theoretischen Diskursen beitragen, wo liegen theoretische Kompetenzen von archäologischen Zugängen? Gibt es begründete Vorbehalte gegen theoretisches Arbeiten?

Zugleich soll ein Blick in die Zukunft geworfen werden: Wird der theoretische Diskurs ein spezifisch archäologischer bleiben oder im breiten Feld der Kultur- und Sozialwissenschaften aufgehen, und sollte das vielleicht sogar passieren? Brauchen wir einen strukturellen Unterbau und/oder eine Vielfalt an Orten und Formaten, um den Theoriediskurs inhaltlich und institutionell zu fordern und zu fördern? Sorgt die zunehmende Komplexität dafür, dass er sich beispielsweise von methodologischen Diskussionen, der Vermittlungspraxis oder der Feldforschung entkoppelt? Welche Themenbereiche bieten Potential einer theoretischen Auseinandersetzung, wo sind Leerstellen und Lücken, wo die Archäologien untertheoretisiert? Welche Theoriedebatten werden in den unterschiedlichen archäologischen Teildisziplinen geführt und worin unterscheiden sie sich? Warum spielt Theorieausbildung in den deutschsprachigen Studiengängen zumeist nach wie vor nur eine untergeordnete Rolle oder wird an das Ende der universitären Ausbildung gestellt?

Neben strukturellen stellen sich auch inhaltliche Fragen: Worin unterscheiden sich Archäologien nach dem Cultural Turn noch von den Kulturwissenschaften nach dem Material Turn? Sollten wir beispielsweise ebenso aktuelle sozial- und kulturwissenschaftliche Debatten um Empathie, Emotionalität und Affekt aufgreifen? Welche anderen Themen wie Identifizierungen, soziale Praxis, Digitalität, oder Genetic History können und sollten archäologisch reflektiert und theoretisch begleitet werden? Was bedeutet die Dekonstruktion anthropozentrischer Positionen für die Archäologien, beispielsweise durch den New Materialism oder die Posthumanistische Philosophie? Welche Herausforderungen bringt die Wende von epistemologischen zu ontologischen Perspek-tiven? Beeinflussen naturwissenschaftliche Ansätze und Überlegungen den Theoriediskurs?

Der Band soll einen breiten Komplex an Fragen vereinen. Deshalb rufen wir dazu auf, Artikel oder auch experimentelle Formate einzureichen. Willkommen sind Beiträge, die sich mit Theoriediskussionen im Kontext der deutschsprachigen Archäologien beschäftigen. Insbesondere begrüßen und ermutigen wir Nachwuchswissenschaftler*innen, ihre Ideenskizzen einzureichen.

Zur Vorauswahl bitten wir um Zusendung von Abstracts mit etwa 250–300 Wörtern bis spätestens 15.4.2019
an: theorie-sammelband@posteo.de.

Herausgeber*innen:
Martin Renger, Sophie-Marie Rotermund, Stefan Schreiber & Alexander Veling

Literatur:
Bernbeck, Reinhard, Theorien in der Archäologie (Tübingen 1997).
Eggert, Manfred K. H. & Ulrich Veit (Hrsg.), Theorie in der Archäologie: Zur englischsprachigen Diskussion. Tübinger Archäologische Taschenbücher 1 (Münster 1998).
Eggert, Manfred K. H. & Ulrich Veit (Hrsg.), Theorie in der Archäologie: Zur jüngeren Diskussion in Deutschland, Tübinger Archäologische Taschenbücher 10 (Münster 2013).
Hofmann, Kerstin P. & Philipp W. Stockhammer, Beyond Antiquarianism. A Review of Current Theoretical Issues in German-Speaking Prehistoric Archaeology + Comments, Archaeological Dialogues 24, 2017, 1–87.
Veit, Ulrich (Hrsg.), Die Zukunft der Theorie. Ethnographisch-Archäologische Zeitschrift 56, 1/2, 2018, 13–64.
Veit, Ulrich, Vom Nutzen und Nachteil der Theorie für die Archäologie. Anmerkungen zur jüngeren deutschsprachigen Diskussion. In: Rüstem Aslan, Stephan Blum, Gabriele Kastl, Frank Schweizer & Diane Thumm (Hrsg.), Mauerschau. FS Manfred Korfmann 1 (Remshalden-Grunbach 2002), 37–55.
Wolfram, Sabine, Zur Theoriediskussion in der prähistorischen Archäologie Großbritanniens. BAR Int. Ser. 306 (Oxford 1986).

Der Call for Articles ist zudem  hier als PDF verfügbar.

Ist „Kulturerbe“ zukunftsfähig?

Das Forum Kritische Archäologie veranstaltet am 21.Februar 2019 wieder ein Seminar, diesmal mit Prof. Cornelius Holtorf (Linnaeus University, Schweden). Unter dem Titel „Ist ‚Kulturerbe‘ zukunftsfähig. Kritische Thesen zu archäologischem Kulturerbe, kultureller Identität und Begrenzungen unseres Denkens für die Zukunft“ wird an der Freien Universität Berlin kontrovers der Kulturerbediskurs unter die Lupe genommen. Das Seminar ist öffentlich und findet von 14-18 Uhr statt.

Weitere Details gibt es hier.

Swiss TAG gegründet

Am 24.1. fand in Bern die Gründungsveranstaltung der Swiss TAG statt. Ca. 45 Wissenschaftler*innen fanden sich zusammen, um sich gegenseitig kennen zu lernen und über Zukunftsperspektiven und Organisationsformen zu debattieren. Die TidA war zu Gast dabei und gratuliert ganz herzlich! Wir freuen uns sehr, dass sich so viele Wissenschaftler*innen von Student*innen bis Professor*innen zusammengefunden haben, um sich auszutauschen.

Für weitere Infos und natürlich bei Interesse dort mitzuwirken: https://swisstag.hcommons.org/

Programm der Sektion „Mensch – Körper – Tod. Der Umgang mit menschlichen Überresten im Neolithikum“

Am 02.-04.4.2019 veranstalten wir auf der Tagung des West- und Süddeutsche Verbandes für Altertumsforschung (WSVA) und des Mittel- und Ostdeutschen Verbandes für Altertumsforschung (MOVA) gemeinsam mit der AG Neolithikum eine (vor allem) zeitspezifische Sektion. Thema ist dieses Mal „Mensch – Körper – Tod. Der Umgang mit menschlichen Überresten im Neolithikum“.

Programm (auch hier zum downloaden)

Dienstag, den 02.04.2019

10:00 – 12:30 Uhr • Mitgliederversammlung der AG TidA

12:30 Uhr • Mittagspause

14:00 Uhr • Nadia Balkowski, Kerstin P. Hofmann, Isabel Hohle, Nils Müller-Scheeßel, Almut Schülke, Begrüßung und Einleitung (Organisatorisches und Inhaltliches)
14:50 Uhr • Ulrich Veit, Jenseits von Historismus und Anthropologie: Überlegungen zu einem kulturtheoretischen Rahmen für das Studium neolithischer Praktiken der Totenbehandlung

15:30 Uhr • Kaffeepause

16:00 Uhr • Heidi Peter-Röcher, Gewalt an Lebenden – Gewalt an Toten: zu Kontexten und Interpretationsmöglichkeiten menschlicher Überreste

Mittwoch, den 03.04.2019

09:00 Uhr • Franziska Holz, Die Abgrenzung prä- und perimortaler knöcherner Verletzungen von postmortalen Defekten – illustriert an ausgewählten Schädeln aus dem Beinhaus von St. Lubentius (Limburg-Dietkirchen)

10:00 Uhr • Kaffeepause

10:30 Uhr • Franz Pieler, Maria Teschler-Nicola, Asparn/Schletz: Archäologische und anthropologische Bestandsaufnahme und Ausblick
11:10 Uhr • Johanna Ritter, „Wo sind all die Toten hin?“ Theorien und Konzepte zum bandkeramischen Bestattungswesen in Hessen
11:50 Uhr • Joachim Pechtl, Vielfalt in Leben und Tod – linienbandkeramische Bestattungskollektive in Südbayern

12:30 Uhr • Mittagspause

14.00 Uhr • Nils Müller-Scheeßel, Ivan Cheben, Zuzana Hukelova, Martin Furholt, Kopflose Skelette und aufgebahrte Leichen: Die Toten der bandkeramischen Siedlung von Vráble/Südwestslowakei im Vergleich mit gleichzeitigen Kollektiven
14:40 Uhr • Postersession:
Benjamin Spies, Eine Menschenzahnkette der jüngeren Bandkeramik aus Mainfranken
Julia Hahn, Wie tickten die Taubertaler? Das schnurkeramische Gräberfeld Markelsheim-Fluräcker im regionalen Vergleich aus anthropologischer Sicht

15:30 Uhr • Kaffeepause

16:00 Uhr • Alexander Gramsch, Birgit Großkopf, Das Itinerarium des menschlichen Körpers. Eine interdisziplinäre Spurensuche

Donnerstag, den 04.04.2019

09:20 Uhr • Stefan Schreiber, Sabine Neumann, Vera Egbers, “I like to keep my archaeology dead”. Entfremdung und “Othering” der Vergangenheit als ethisches Problem

10:00 Uhr • Kaffeepause

10:30 Uhr • Sara Schiesberg, Christoph Rinne, Knochen – Teilverband – Skelett. Neue Untersuchungsergebnisse und interkulturell vergleichende Überlegungen zum Totenritual kollektiv bestattender Populationen
11:10 Uhr • Christoph Steinmann, Artikulierte und disartikulierte menschliche Überreste in der Mecklenburgischen Megalithik
11:50 Uhr • Mitgliederversammlung der AG Neolithikum

12:30 Uhr • Mittagspause

14:00 Uhr • Torsten Schunke, Der Umgang mit den Ahnen bei Salzmünde, Saalekreis – Die Umbettung eines Kollektivgrabes der Bernburger Kultur und nachfolgende Eingriffe in den Befund
14:30 Uhr • Martin Nadler, Gedanken zu den sog. Silobestattungen der Münchshöfener und Michelsberger Kultur
15:00 Uhr • Rouven Turck, Niels Bleicher, Leben und Sterben auf dem Abfallhaufen? Menschliche Skelettreste in Jungsteinzeitlichen Seeufersiedlungen (ZH-Opéra)?

15:30 Uhr • Kaffeepause

16:00 Uhr • Clara Drummer, Grabhandlungen oder Handlungen am Grab? Die Bedeutung schnurkeramischer Scherben und unterschiedlicher Bestattungskonzepte am Beispiel des Galeriegrabes Altendorf, Lkr. Kassel

16:40 Uhr • Abschlussdiskussion

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Lesetipps Oktober bis November

Bei den Lesetipps kann es sich dabei um Klassiker handeln (hier haben wir noch Nachholbedarf… Anregungen?), spannende Neuerscheinungen, oder auch anregende Texte, die bisher nicht in den Archäologien berücksichtigt wurden – und das zu unrecht.

Damit die Lesetipps nicht nur in den sozialen Medien (Facebook und Twitter) kursieren, möchten wir alle 2 Monate in einer Mail die jeweils letzten 8 Lesetipps gesammelt herumschicken. Auch eine Sammlung und Archivierung auf der
Webseite ist angedacht.

Wenn Ihr der Meinung seid, euch fehlt noch ein spannender Tipp in der Liste, oder Ihr Anregungen und Kritik am Format habt, dann schreibt an
Alexander.Veling@gmx.de.

Erste Eindrücke & Impressionen des Workshops »Anarchistische Ansätze & Archäologie« in Hamburg

Traffic Sign Art in Florence (Fotogrundlage: http://photoblog.kuppke.de/albums/traffic-sign-art/content/204-1/])

Vom 15. bis zum 17.11.2018 fand in Kooperation mit Anarchaeologie und unterstützt durch das Institut für Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie Hamburg an selbiger Universität der 2. jungwissenschaftliche Workshop der 2017 gegründeten Veranstaltungsreihe ›Theory in Practice statt. Thema diesmal: »Anarchistische Ansätze und Archäologie. Vergangene Gemeinschaften, Methodenpluralismus und Wissensliberation«. Auch in diesem Jahr konnten wir Teilnehmer*innen unterschiedlicher Disziplinen aus ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz zu unserer partizipativ angelegten Veranstaltung begrüßen.

Idee des Workshops war es grundsätzlich, etwa drei größere Diskussionsstränge fragend in den Blick zu nehmen. Zum einen interessierte auf analytischer Ebene, ob und wie sich Anarchismen und eventuell darauf abzielende Emanzipationsbewegungen in der Vergangenheit archäologisch nachweisen lassen. In abstrakter, metaarchäologischer Betrachtungsweise sollten zudem die Mechanismen der (archäologischen) Wissensproduktion und -weitergabe sowie Zugänglichkeit zu Wissen beleuchtet werden, da sie immer auch machtanfällig sind und dementsprechend ein Steuerungs- und Kontrollinstrument formieren können; gleiches gilt in ähnlicher Weise für Methoden zur Datengenerierung. Wie könnte nun eine Liberation durch eine De-Hierarchisierung aussehen? Bis zu welchem Punkt wäre dies notwendig, bis zu welchem weiterhin sinnvoll und vor allem für wen? Wie sähen Modelle der partizipativen Wissensentstehung und -vermittlung aus (Stichwort Prosument*innen)? Auf der dritten Ebene schließlich standen Fragen des Arbeitsalltages selbst im Mittelpunkt: Welche Autoritätsformen sowie Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse im archäologischen Alltag sind zu überwinden? Welche Rolle nimmt dabei die Organisation in Verbänden ein? Sind Begriffe wie Solidarität, Selbstbestimmung und Gleichberechtigung in der Wissenschaft tragfähig?

Eine anregende und breit angelegte Podiumsdiskussion bildete am Donnerstagabend einen willkommenen sowie gelungenen Auftakt. Daniela Hofmann, Martin Furholt und Stephanie Merten diskutierten mit den Organisator*innen und dem Auditorium über emanzipative, partizipative und kollaborative Ansätze nicht nur in der Wissenschafts- und Forschungsstruktur, sondern ebenso in der außeruniversitären Arbeitswelt. Aber auch Aspekte zur Wissensvermittlung und -öffnung, Wissensweiter- sowie -freigabe bis hin zu Überlegungen auf analytischer Ebene, welche die vergangenen soziokulturellen Formationen und deren Organisationsmodi hinsichtlich etwaiger anarchischer Formen des Zusammenlebens in den Blick nahmen, waren Diskussionsthemen. Dabei wurde deutlich, dass auf allen Ebenen eine weitergehende und breit geführte Debatte nicht nur auf großes Interesse stößt und fruchtbar sein dürfte, sondern mitunter auch notwendig erscheint und teilweise erst noch angestoßen werden muss, um Chancen wie Potentiale im gemeinsamen Diskurs auszuloten, aber auch Herausforderungen sichtbar zu machen und etwaige Konzepte der Umsetzung zu erarbeiten.

Foto: Steffi Merten

Am zweiten Tag stand zunächst die Besprechung der im Workshopreader zusammengestellten Texte in Kleingruppen und die Präsentation der Ergebnisse dieser intensiven Beschäftigung im Fokus des Workshops. Darauf folgten im späteren Verlauf des Tages die inspirierenden Impulsvorträge mit ihren vielfältigen Themenschwerpunkten und deren Diskussion. Referiert wurde über Squattersiedlungen als alternative Raumaneignungspraxis in Südwestasien und deren Erforschungspraxis (Georg Cyrus) ebenso wie über flexible und situative Formen der sozialen Organisation und temporär beschränkten Machtkonzentrationen nicht-bäuerlicher Gemeinschaften (Wiebke Mainusch). Ein Impuls wandte sich dem Thema der Dezentralität, Solidarität und ökonomischen Ungleichheit aus ethnoarchäologischer Perspektive am Beispiel der Naga-Gemeinschaft zu (Maria Wunderlich), ein weiterer rückte die Überlegungen Sigrists zu ›regulierter Anarchie‹ in segmentären Gesellschaften in das Zentrum der Ausführungen (Elisabeth Waldhart). Wieder andere stellten die Konzepte der Geschichtsauffassung anarchistischer Denker wie Bakunin und Kropotkin zur Diskussion (Jonathan Eibisch) oder gingen auf den wissenschaftstheoretischen Diskurs zu Macht, Herrschaft und relationalen Gefügen zwischen Menschen, aber auch Multi-Spezies-Geflechten ein (Stefan Schreiber & Martin Renger). Und ein weiterer Vortrag über die Dokumentation und Sichtbarmachung von Fluchtspuren im Mittelmeerraum jüngsten Datums brachte die politische Dimension archäologischen Wirkens deutlich zum Tragen (Geesche Wilts). Wie die Impulse selbst war auch die jeweils daran anschließende gemeinsame Auseinandersetzung und Debatte um die Inhalte der Vorträge bereichernd und zeigte die Spannbreite möglicher und weiterführender Diskussions- sowie Anknüpfungspunkte um und an das Workshopthema auf.

Der Fokus des dritten Tages lag ganz im Sinne des Konzeptes der Workshopreihe auf einem World-Café im Open-Space-Format. An fünf verschiedenen Tischen mit Themen zu ›Anarchie und Emanzipation im Arbeitsalltag‹, ›Anarchistische Vergesellschaftungen: nichthierarchische & alternative Gesellschaftsformen‹, ›Wider den Methodenzwang: DIY-, Punk-, Counter- & Grassroots-Archaeologies‹, ›Wissensliberation: Wege zu einem anarchistischen Wissensmodell?‹, ›Widerstand, Rebellion & Subversion: Wem „hören“ wir zu und wen können wir „hören“?‹ debattierten und reflektierten in fünf Durchläufen und wechselnden Diskussionsgruppen die Teilnehmer*innen engagiert und interessiert in anregender Atmosphäre themenbezogene Ansätze sowie Möglichkeiten, tauschten Erfahrungen, Gedankenfragmente sowie Ideenskizzen aus und erörterten genauso bestehende Fragen und Herausforderungen wie unmittelbar durch das Brainstorming neu aufgeworfene.

Format und Workshop insgesamt wurden begeistert aufgenommen. Ein weiteres Mal zeigte sich, wie wichtig und stimulierend eine angenehme, kreative, aufeinander Rücksicht nehmende und offene Diskussionskultur ist.

Eine Fortsetzung der Auseinandersetzung ist geplant.

Erste Impressionen bei Twitter unter @AgTida #anarchäologie

Arbeitsgemeinschaft Theorien in der Archäologie